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Die Basis und der Spross

Predigt zu Jesaja 11, 1-10
am 24.12.2020
in der Lukaskirche Leonding

Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.

Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande, und er wird mit dem Stabe seines Mundes den Gewalttätigen schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten.

Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und die Treue der Gurt seiner Hüften. Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten.

Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.

Kuh und Bärin werden zusammen weiden, ihre Jungen beieinanderliegen, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind. Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter, und ein kleines Kind wird seine Hand ausstrecken zur Höhle der Natter.

Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land ist voll Erkenntnis des HERRN, wie Wasser das Meer bedeckt. Und es wird geschehen zu der Zeit, dass die Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Völker fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein.

Liebe Gemeinde!

1.
Wir Christinnen und Christen sind aufgepfropft. Wie ein Obstbaum auf einen starken Stamm, wie ein Weinstock auf eine widerstandsfähige Rebe. Wir Christinnen und Christen sind aufgepfropft auf den tragfähigen und tief verwurzelten Baum des Judentums.

Jesus war ein Jude und war tief in seinem jüdischen Glauben verwurzelt. Er schenkte uns Nicht-Juden eine neue Beziehung zu unserem „Vater im Himmel“ und das höchste der Gebote: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und von ganzer Seele und deinen Nächsten wie dich selbst.“

2.
Die Basis: Der eine Gott und Schöpfer der Welt ist der Gott aller Menschen. Seine Gebote geben Orientierung, helfen, gut von böse zu unterscheiden. Gott befreit, führt heraus aus der Knechtschaft, und wenn die Menschen mal vom guten Weg abkommen, schickt er Mahner und Propheten.

Gott ist mit seinen Menschenkindern unterwegs – und die Menschen mit ihm. Da kommt es schon auch mal zu Konflikten und Reibereien, doch am Ende siegt immer Gottes große Mutterliebe.

3.
Das Reis. Nein, nicht „der Reis“. das Reis, Substantiv neutrum: kleiner, dünner Zweig, junger Spross, Schössling.

Versprochen war ein Spross aus dem Stamm Isais: Isai, Jesse, Jišaj, Ἰεσσαί – wie auch immer. Jedenfalls war der Typ nach der biblischen Überlieferung der Vater des Königs David. Er und seine Sippe lebten in Bethlehem. Auf diese im Buch Jesaja beschriebene „Wurzel Jesse“ führt die Christenheit den Stammbaum Jesu zurück.

Auch die Juden erwarten ihren Messias aus dem Hause des Königs David. Jesus meinen sie allerdings damit nicht. Eh klar.

4.
Der Christus. Für uns ist Jesus der Gesalbte. Nichts anderes bedeutet nämlich das hebräische „Maschiach“, das die Griechen mit „Μεσσίας“ transkribiert haben. Ein eigenes Wort haben sie auch dafür, nämlich „Χριστός“. Maschiach, Μεσσίας, Χριστός, Christus – alles dasselbe. Das letzte Wort ist übrigens Latein und bedeutet – Überraschung! – „Gesalbter“.

Gesalbt wurden im alten Orient Könige, Priester und Propheten, also ziemlich wichtige Leute. Man wollte dadurch ausdrücken, dass sie von Gott eingesetzt und beauftragt seien. Vom Messias erwartete man sich eine Herrschaft des Heils und der Gerechtigkeit.

5.
Das Reich. Friede und Gerechtigkeit sind die Kennzeichen des Gottesreiches, das der Gesalbte bringen soll. „Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten.“
Diese Hoffnung auf Gerechtigkeit, Frieden und ein Leben in Eintracht verbindet übrigens Juden und Christen und ist offen für alle Menschen: „Es wird geschehen zu der Zeit, dass die Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker.

6.
Der Knabe. Sein Name war Jeschua, was vielleicht – die Gelehrten streiten noch – soviel bedeutet wie „Gott ist Rettung/Hilfe/Erlösung“. Jedenfalls ein stimmiger Name für jemanden, der die Königsherrschaft Gottes proklamierte.

In seinen frühen 30ern ist er durch Galiläa, ein kleines Fleckchen Erde im heutigen Israel, gezogen und ist für viele Menschen zum Hoffnungsträger geworden, etwa für Kranke und Ausgegrenzte, darunter viele Frauen.

Nicht alle fanden es so toll, was er tat und verkündete, darum nahm es auch kein gutes Ende mit ihm. Auf dem Weg nach Emmaus fiel es seinen Freunden wie Schuppen von den Augen und sie wussten: er ist der Gesalbte! Manche nannten ihn sogar den „Sohn Gottes“.

7.
Der Spross: Hoffnung gibt er noch heute, 2000 Jahre nach seinem Tod. Durch sein Vorbild und seine Taten – auf Menschen zugehen, sie anhören, mit ihnen sprechen, sie heilen. Aber auch durch seine Worte und seine Hingabe am Kreuz.

Durch seine Hingabe hat er bewiesen, dass Vergebung stärker ist, als Rache und Gerechtigkeit es je sein können. Und dass Gott vergibt und auch wir einander vergeben sollen. Letzteres halte ich für eine herausfordernde Botschaft. Trotzdem wichtig.

Heute feiern wir seinen Geburtstag, obwohl er bestimmt nicht am 24. (und auch nicht am 25.!) Dezember geboren wurde. Das jährliche Erinnern an seine Geburt, sein Leben und Wirken gibt uns Hoffnung und hat viele Menschen vor uns inspiriert.

Durch ihn haben wir Anteil an der Liebe Gottes und können sie weitergeben an jedermann und jedefrau durch Freundlichkeit, Hilfe und Barmherzigkeit. Und das ist ja eine tolle Sache, oder?

Amen.

Published inPredigten

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