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Gottes Angesicht

Predigt zu Johannes 6,35-40
am 21. November 2021 (Totensonntag)
in der Lukaskirche Leonding

35 Jesus sagte: »Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern. Und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben. 36 Aber ich habe es euch ja schon gesagt: Obwohl ihr meine Taten gesehen habt, schenkt ihr mir keinen Glauben. 37 Alle, die mein Vater mir anvertraut, werden zu mir kommen. Und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. 38 Denn dazu bin ich vom Himmel herabgekommen: Nicht um zu tun, was ich selbst will, sondern was der will, der mich beauftragt hat. 39 Und das ist der Wille dessen, der mich beauf-tragt hat: Ich soll keinen von denen verlieren, die er mir anvertraut hat. Vielmehr soll ich sie alle am letzten Tag vom Tod erwecken. 40 Denn das ist der Wille meines Vaters: Alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, werden das ewige Leben erhalten. Am letzten Tag werde ich sie vom Tod erwecken.«

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,
Brot ist für viele Menschen auf dieser Erde das wichtigste Lebensmittel. Egal ob dunkel oder hell, rund oder flach, Brot stillt Hunger, Brot ernährt, Brot macht satt. Brot wird zu Suppen oder Eintöpfen gereicht, aber auch als selbstständige Spiese verzehrt: belegt mit Wurst oder Käse, bestrichen mit Aufstrich, Butter, Honig oder Marmelade.

Brot ist für uns Menschen so wichtig, dass wir auch im Vater unser bitten „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Im Abendmahl, das wir heute aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen leider nicht feiern können, im Abendmahl wird Brot zum Symbol für den Leib Christi, für Gottes Anwesenheit unter uns.

Im Johannesevangelium – wir haben es gehört – heißt es sogar von Jesus: „Ich bin das Brot des Lebens.“ Jesus das „Brot des Lebens“, Jesus das Lebens-Mittel für uns Menschen. Was kann das bedeuten?

Brot stillt unseren Hunger. Brot macht uns satt. Brot gibt unserem Leben vielfältigen Geschmack. Doch nicht jeder Hunger, nicht jedes Bedürfnis, nicht jede Sehnsucht wird von Brot gestillt. Neben unseren leiblichen Bedürfnissen haben wir Menschen auch seelische, spirituelle Bedürfnisse: das Bedürfnis nach Gemeinschaft zum Beispiel, das Bedürfnis nach Liebe, Nähe, Zärtlichkeit oder das Bedürfnis nach Verbundenheit.

Wir Menschen sind soziale Wesen, wir leben in Beziehung. Wenn solch eine Beziehung abreißt für immer, weckt das in uns neben großer Trauer auch den unstillbaren Hunger nach Leben, nach Wiedersehen, nach Nähe zu unseren verstorbenen Lieben. Diese Erfahrung haben viele von Ihnen schon gemacht, manche erst kürzlich, manche vor längerer Zeit. Und wer diese Erfahrung gemacht hat, weiß: Brot hilft uns da nicht weiter. Brot stillt diesen Hunger nicht.

Vielleicht aber das „Brot des Lebens“? „Jesus sagte: »Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern. Und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“
Wir ahnen, dass nicht das Brot aus Getreide gemeint ist, nicht das Brot, das wir im Ofen backen und das uns bei Hunger satt macht. Das „Brot des Lebens“ ist etwas völlig anderes, auch wenn es für uns genauso lebenswichtig ist wie das tägliche Brot.

»Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern. Und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ Jesus weist uns mit diesem Bildwort darauf hin, wer er für uns ist, wer er für uns sein kann. Nicht einfach ein Prediger des kommenden Reiches Gottes, sondern Gottes Angesicht für uns.

Jesus ist Gottes Angesicht für uns, denn er spricht zu uns mit Gottes Stimme. Jesus ist Gottes Angesicht für uns, denn er hört zu, tröstet und ermahnt. Jesus ist Gottes Angesicht für uns, wenn er Menschen nahe kommt, sie heilt. Jesus ist Gottes Angesicht für uns, wenn er Brot austeilt, damit alle satt werden.

In Jesus begegnet uns Gottes Liebe. Gottes Liebe im Wort und im Handeln, in der Predigt und in der Praxis Jesu. Nach dem Glauben des Johannesevangeliums wird Jesus zum Wort, zur Tür, zum Weg, zur Auferstehung und zum Leben.

Jesus das Wort, dem wir Glauben schenken dürfen in dem, was uns unbedingt angeht. Nicht die Wahrheit der Welt spricht aus seinem Mund, sondern eine verändernde, existenzielle Wahrheit, die in unser Leben wirkt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh! Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“
Jesus die Tür, die uns den Zugang zu einem ganz besonderen Raum öffnet, einem Raum der Liebe und Gnade Gottes, den die Tradition „Himmel“ nennt.

Jesus der Weg, den wir gehen dürfen in seiner Nachfolge. Der Weg, den wir gehen, wenn wir Kranke heilen, wenn wir Trauernde trösten, wenn wir Hungrigen zu essen geben, wenn wir uns am Wort des einzigen und dreieinigen Gottes orientieren.

Jesus die Auferstehung und das Leben. Die Auferstehung in ein neues Leben, das kein Leid, keinen Schmerz, keine Trauer kennt, sondern nur Leben, Leben, Leben in der Gnade Gottes.
In Jesus begegnet uns Gottes Gnade und Liebe. Gottes Liebe, die sich in der Hoffnung ausdrückt, dass jede, dass jeder Verstorbene auf ewig bei Gott geborgen ist.

Brot ist für viele Menschen auf dieser Erde das wichtigste Lebensmittel. Egal ob dunkel oder hell, rund oder flach, Brot stillt Hunger, Brot ernährt, Brot macht satt. Doch für uns Christinnen und Christen gibt es noch ein anderes Brot. Ein Brot, das auch den unstillbaren Hunger nach Leben, nach Wiedersehen, nach Nähe zu unseren Verstorbenen stillen kann. Nicht unmittelbar, aber aufgehoben in der biblischen Hoffnung auf das „ewige Leben“.

Wenn geliebte Menschen von uns gehen, sind wir traurig. Wir sind traurig und es schmerzt. Doch wir dürfen auch voller Hoffnung sein auf Gottes Raum der unendlichen Gnade. Denn so spricht Jesus, das Brot des Lebens:

„Das ist der Wille dessen, der mich beauftragt hat: Ich soll keinen von denen verlieren, die er mir anvertraut hat. Vielmehr soll ich sie alle am letzten Tag vom Tod erwecken. Denn das ist der Wille meines Vaters: Alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, werden das ewige Leben erhalten. Am letzten Tag werde ich sie vom Tod erwecken.«

Amen.

Published inPredigten

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