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Abschied vom alten Menschen

Predigt zu Römer 6, 3-11
Lukaskirche Leonding
3. Juli 2016

Ihr müsst euch doch darüber im Klaren sein, was bei der Taufe mit euch geschehen ist. Wir alle, die »in Jesus Christus hinein« getauft wurden, sind damit in seinen Tod hineingetauft, ja hineingetaucht worden. Durch diese Taufe wurden wir auch zusammen mit ihm begraben. Und wie Christus durch die Lebensmacht Gottes, des Vaters, vom Tod auferweckt wurde, so ist uns ein neues Leben geschenkt worden, in dem wir nun auch leben sollen. Denn wenn wir mit seinem Tod verbunden wurden, dann werden wir auch mit seiner Auferstehung verbunden sein. Das gilt es also zu begreifen: Der alte Mensch, der wir früher waren, ist mit Christus am Kreuz gestorben. Unser von der Sünde beherrschtes Ich ist damit tot und wir müssen nicht länger Sklaven der Sünde sein. Denn wer gestorben ist, kann nicht mehr sündigen; er ist von der Herrschaft der Sünde befreit. Wenn wir nun mit Christus gestorben sind, werden wir – davon sind wir überzeugt – auch zusammen mit ihm leben. Wir wissen ja, dass Christus vom Tod auferweckt wurde und nie mehr stirbt. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn. Mit seinem Tod hat Christus der Sünde ein für alle Mal gegeben, was sie zu fordern hat; mit seinem Leben aber gehört er Gott. Genauso müsst ihr von euch selbst denken: Ihr seid tot für die Sünde, aber weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, lebt ihr für Gott.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Getaufte,
Ich habe weggeworfen. Ich bin umgezogen. Ich bin gepflanzt. Ich bin gesucht worden. Es hat sich einer für mich müde gearbeitet. Man erwartet mich. Ich bin gerufen.

All dies sind nicht Statements von mir, sondern Taufnamen, die sich Menschen aus Afrika oder Asien anlässlich ihrer Taufe ausgesucht haben, um die Veränderung auszudrücken, die sie durch die Taufe in ihrem Leben erfahren haben.

Ich habe weggeworfen. Ich bin umgezogen. Ich bin gepflanzt. Ich bin gesucht worden. Es hat sich einer für mich müde gearbeitet. Man erwartet mich. Ich bin gerufen.

Mich beeindruckt die Freude, die in diesen selbstgewählten Namen aufscheint. Mich beeindruckt die Ernsthaftigkeit, mit der diese Menschen ihre Umkehr zum christlichen Glauben erleben. Die besondere Bedeutung, die diese Menschen der Taufe für ihr Leben beimessen, macht mich nachdenklich und neugierig.

Ich habe weggeworfen. Die Taufe bedeutet Abschied vom alten Menschen, vom alten „Adam“.  In der Taufe lassen wir zurück, was uns an die ungerechten Strukturen dieser Welt und an unsere eigenen Begierden bindet.

Ich bin umgezogen. Die Taufe bedeutet den Eintritt in eine neue Lebenswirklichkeit. Als Getaufte machen wir die Erfahrung der Freiheit in Christus.

Ich bin gepflanzt. Die Taufe bedeutet einen Neubeginn und ein Wachstum. Der neue Mensch, der neue „Adam“ lebt aus dem Wort Gottes und dem Vorbild Jesu.

Was bedeutet nun all dies für unser Leben heute, für unser Leben als Getaufte? Hier ein paar Gedanken dazu:

Unsere Welt ist geprägt von ungerechten Strukturen, von Mechanismen der Ungleichheit und Ausbeutung. Vieles davon hängt mit unseren menschlichen Begierden zusammen, mit dem Wunsch nach immer mehr, nach immer Besserem, dem Wunsch danach größer, stärker, wichtiger als andere zu sein.

Die Bibel nennt diese gesellschaftlichen Strukturen und menschlichen Begierden „Sünde“. Über uns als Getaufte, so Paulus, hat diese „Sünde“, haben diese gesellschaftlichen und seelischen Abhängigkeiten keine Macht mehr.

Das bedeutet nicht, dass sie unser Leben nicht mehr betreffen, aber wir müssen unser Leben nicht mehr vom Wunsch nach Besitz, vom Wunsch nach Macht und Reichtum beherrschen lassen. Als Christinnen und Christen, als Getaufte haben wir die Freiheit anders, freier, mutiger zu leben und gegen den Strom zu schwimmen.

Diese Freiheit in Christus verlockt uns zu einem mutigen und gerechten Leben nach den Geboten Gottes. Ein Leben nach Gottes Geboten bringt uns unserer wahren Identität, dem wie Gott uns gemeint hat, nahe.

„Seine Identität und Freiheit kann der Mensch nicht durch Leistung erringen, sondern nur als Geschenk empfangen“, so Heinz Zahrnt. In der Taufe erfahren wir beides als Geschenk; sie ermöglicht uns nicht nur mit uns selbst identisch zu werden, sondern auch gerecht zu handeln.

Die großen theologischen Begriffe wie Sünde oder Erlösung sind uns heute manchmal ferne gerückt, erwecken gleichermaßen Erfurcht und Scheu, Ratlosigkeit und Unverständnis. Dietrich Bonhoeffer notierte im Gefängnis zum Tauftag eines Neugeborenen in seiner Familie:

„Du wirst heute zum Christen getauft. Alle die alten großen Worte der christlichen Verkündigung werden über Dir ausgesprochen und der Taufbefehl Jesu Christi wird an dir vollzogen, ohne dass du etwas davon begreifst. Aber auch wir selbst sind wieder ganz auf die Anfänge des Verstehens zurückgeworfen. Was Versöhnung und Erlösung, was Wiedergeburt und Heiliger Geist, was Feindesliebe, Kreuz und Auferstehung, was Leben in Christus und Nachfolge Christi heißt, das ist alles so schwer und so fern, dass wir es kaum mehr wagen, davon zu sprechen.

In den überlieferten Worten und Handlungen ahnen wir etwas ganz Neues und Umwälzendes, ohne es noch fassen und aussprechen zu können … Unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.“

So macht uns also die Taufe frei von der Last der Sünde, befreit uns zum Tun des Gerechten. Wie wird diese Erfahrung der Befreiung, wie wird diese Erfahrung der Neuschaffung in unserem Alltag spürbar? Vielleicht so:

Ich habe einen Fehler gemacht, doch ich darf wieder neu beginnen.

Ich kämpfe mit meinen dunklen Seiten, doch ich weiß, dass sie mich nicht gänzlich bestimmen.

Ich habe durch meinen Konsum Anteil an der Ausbeutung von Frauen in der Textilindustrie, doch ich darf auf Veränderung hoffen, wenn ich sie als Schwestern in Christus erkenne.

Ich handle manchmal ungerecht, doch ich weiß, dass ich zu gerechtem Handeln fähig und befreit bin.

Ich mache Erfahrungen der Zurückweisung und Enttäuschung, dennoch bin ich zu Vergebung und Gemeinschaft fähig.

Bestimmt fallen Ihnen noch viele Erfahrungen und Beispiele ein, wie sich die verändernde und befreiende Kraft der Taufe in Ihrem Leben bemerkbar macht. Vielleicht haben Sie auch eine Idee für einen Taufnamen, der Ihre persönlichen Erfahrungen mit der Taufe widerspiegelt. Wie der wohl lauten mag?

Ich habe weggeworfen. Ich bin umgezogen. Ich bin gepflanzt. Ich bin gesucht worden. Es hat sich einer für mich müde gearbeitet. Man erwartet mich. Ich bin gerufen.

Amen.

Published inPredigten

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