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Musik tröstet Seele

Predigt zu 1. Samuel 16, 14-23
Martin-Luther-Kirche Linz am 3.5.2015

Der Geist des HERRN aber wich von Saul und ein böser Geist vom HERRN ängstigte ihn. Da sprachen die Großen Sauls zu ihm: Siehe, ein böser Geist von Gott ängstigt dich. Unser Herr befehle nun seinen Knechten, die vor ihm stehen, dass sie einen Mann suchen, der auf der Harfe gut spielen kann, damit er mit seiner Hand darauf spiele, wenn der böse Geist Gottes über dich kommt, und es besser mit dir werde. Da sprach Saul zu seinen Leuten: Seht euch um nach einem Mann, der des Saitenspiels kundig ist, und bringt ihn zu mir. Da antwortete einer der jungen Männer und sprach: Ich habe gesehen einen Sohn Isais, des Bethlehemiters, der ist des Saitenspiels kundig, ein tapferer Mann und tüchtig zum Kampf, verständig in seinen Reden und schön gestaltet, und der HERR ist mit ihm. Da sandte Saul Boten zu Isai und ließ ihm sagen: Sende zu mir deinen Sohn David, der bei den Schafen ist. Da nahm Isai einen Esel und Brot und einen Schlauch Wein und ein Ziegenböcklein und sandte es Saul durch seinen Sohn David. So kam David zu Saul und diente vor ihm. Und Saul gewann ihn sehr lieb und er wurde sein Waffenträger. Und Saul sandte zu Isai und ließ ihm sagen: Lass David mir dienen, denn er hat Gnade gefunden vor meinen Augen. Sooft nun der böse Geist von Gott über Saul kam, nahm David die Harfe und spielte darauf mit seiner Hand. So wurde es Saul leichter und es ward besser mit ihm und der böse Geist wich von ihm.

„Traurige Augen, so traurige Augen
Zum Ändern war das net, das geb i zua
Schau Di nur um, schau nur herum
Fehler macht a jeder irgendwann
Was soll i no, verlor’n steh i do
Und i fühl mi gar net guat, es war a Farce
Nur grad im Augenblick spür i’s endlos tief
I bin wieder amal allan
Und so müd, so endlos müd“

Wahrscheinlich kennen Sie das Gefühl auch, das STS in ihrem Lied „Endlos müd“ beschreiben. Man ist traurig, einsam, fühlt sich verloren, ist müde. Wahrscheinlich hat sich auch König Saul so ähnlich gefühlt. Verlassen, einsam, ängstlich. „Der Geist des HERRN aber wich von Saul und ein böser Geist vom HERRN ängstigte ihn“ lesen wir im ersten Samuelbuch.

Saul hatte auch so einige Sorgen. Gott hat ihn als König Israels verworfen und einen neuen König salben lassen. Noch weiß Saul nicht, dass David der neue Gesalbte ist, doch vielleicht spürt er, dass etwas im Busch ist. Er weiß und spürt, dass etwas nicht stimmt, er ist verängstigt, fühlt sich verlassen.

Interessant ist, was ihm seine Ratgeber empfehlen:  „Unser Herr befehle seinen Knechten, dass sie einen Mann suchen, der auf der Harfe gut spielen kann, damit er mit seiner Hand darauf spiele, wenn der böse Geist Gottes über dich kommt, und es besser mit dir werde.“
Musik als Tröster der Seele, Musik als Medizin für düstere Stimmungen, Musik, um böse Geister zu vertreiben. David als erster Musiktherapeut?

Der Einsatz von Musik und Gesang zur Heilung von Krankheiten und zum Erlangen von Wohlbefinden hat eine lange Tradition in vielen Kulturen. Durch ihre Fähigkeit, starke emotionale Reaktionen hervorzurufen, war Musik schon früh mit Heilung und Wohlbefinden verbunden. Bis in die Frühantike hinein wurden durch das gezielte Versetzen in Trance die Götter beschworen und Dämonen vertrieben. In der klassischen Antike ging man davon aus, dass sich kranke Menschen in Unordnung befinden und durch die Hilfe von Musik die geistige und seelische innere Harmonie wiederhergestellt werden kann. In der Renaissance gewann der Zusammenhang von Affekten, vor allem der Melancholie, und Musik an Interesse.

Musik und Melancholie – spüren wir diesen Zusammenhang nicht auch bei Georg Philipp Telemann, bei portugiesischer Fado-Musik oder bei manchen Werken des Jazz? Fado, portugiesisch für Schicksal, handelt meist von unglücklicher Liebe, sozialen Missständen, der Sehnsucht nach besseren Zeiten und vor allem von der saudade. Saudade ist eine spezifisch portugiesische und galizische Form des Weltschmerzes. Saudade lässt sich mit „Traurigkeit“, „Wehmut“, „Sehnsucht“, „Fernweh“ oder „sanfte Melancholie“ nur annähernd übersetzen.

Das Wort steht für das nostalgische Gefühl, etwas Geliebtes verloren zu haben. Es drückt oft das Unglück und das unterdrückte Wissen aus, die Sehnsucht nach dem Verlorenen niemals stillen zu können, da es wohl nicht wiederkehren wird. Ähnliche Sinninhalte vermitteln womöglich das amerikanische blue und das türkische hüzün. „I am feeling blue“ – „Ich habe den Blues“, sagen wir, wenn wir melancholisch sind. Oft hilft uns Musik, die unsere Gefühle spiegelt, die unseren Gefühlen Raum und Resonanz gibt. Blues, Jazz, Fado, Telemann … es gibt noch vieles mehr.

Welche Musik hören Sie, wenn Sie traurig sind? Welche Musik hören Sie, wenn Sie fröhlich sind?

Wer von Ihnen schon einmal in einem Chor gesungen hat, kennt das Gefühl des Eingebundenseins in eine Gemeinschaft, kennt das Gefühl der Harmonie und Resonanz, die aus vielen unterschiedlichen Stimmen entsteht. Auch im Gottesdienst singen wir als Gemeinde gemeinsam und geben damit Gefühlen, Hoffnungen und Glaubensinhalten Ausdruck. Zugleich erleben wir im Singen Gemeinschaft, die uns über Herkunft, Alter und individuelle religiöse Prägung hinweg verbindet. Das gemeinsame Singen im Gottesdienst verbindet uns aber auch mit Menschen, mit Christen der Vergangenheit, und weist in unseren Hoffnungen über die Gegenwart hinaus in die Zukunft. Auch unsere Hoffnung und unsere Freude lassen sich musikalisch ausdrücken, unser Dank, das Lob eines Menschen oder das Lob Gottes.

Musik als universale menschliche Sprache mit vielen Dialekten kann uns berühren, gibt uns Resonanz. Wenn wir traurig sind, kann sie uns trösten, wenn wir fröhlich oder gar glücklich sind, ist sie Ausdruck unserer Freude.

Wahrscheinlich haben das auch König Saul und seine Ratgeber gewusst, als sie sich auf die Suche nach einem Harfenspieler, nach einem Musiktherapeuten gemacht haben.
Bestimmt wissen auch die Musiker von STS um die tröstende und hoffnungsgebende Kraft der Musik. In dem anfangs zitierten Lied heißt es weiter:

„Aber morgen is a Tag, a ganz neuer Tag
Und der waß no gar nix und des is guat
Aber morgen is a Tag, a ganz neuer Tag
Und der hat ganz andere Frag’n an mi“

Amen.

Published inPredigten

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